Wenn Schüler und Schülerinnen gemeinsam lernen läuft der Vergleich immer mit, wodurch bei vielen Menschen ein sogenannter Kontrasteffekt auftreten kann. Zeigen Mitschüler bessere Leistungen, werden die individuellen Leistungen schlechter eingeschätzt und umgekehrt. Gibt es in einer Klasse viele leistungsstarke Mitschüler, steigt die Wahrscheinlichkeit die eigene Leistung schlechter zu bewerten, wohingegen in eher leistungsschwächeren Klassenverbänden, die eigene Leistung besser bewertet wird. Doch wie verhält sich dies bei Zwillingen? Was bewirkt der Vergleich zum Zwilling in der Schule? Spannende Ergebnisse einer Studie:
Wissenschaftler der Universität Tübingen haben im Rahmen der Twinlife-Studie Daten von mehr als 4200 eineiigen und zweieiigen Zwillingen im Hinblick auf ihre Leistungseinschätzung im Verhältnis zum Zwilling analysiert. Hierbei wurde die Selbsteinschätzung in den Fächern Deutsch und Mathe von 11 und 17jährigen eineiigen und zweieiigen Zwillingen abgefragt und ausgewertet. Das Forscherteam betrachtete im Zuge der Studie den Kontrast- und Spiegeleffekt. Letzteres beschreibt, dass sich Lernende andere Lernende suchen, die ihnen sehr ähnlich im Leistungsverhalten sind und diese unbewusst wie eine Art Spiegel nutzen. Im Unterschied zum Kontrasteffekt, werden die eigenen Leistungen ähnlich dem „Spiegelbild“ bewertet. Ist das Spiegelbild in einem Fach gut, wird auch die eigene Leistung besser bewertet und anders herum.
Das Forscherteam konnte im Rahmen ihrer Ergebnisse darauf schließen, dass eineiige Zwillinge aufgrund des Vergleichs mit ihrem Zwilling dem Spiegeleffekt unterliegen, sich also in ihrem schulischen Selbstkonzept angleichen. Hat ein Zwilling in einem Fach eine gute Leistungseinschätzung, wirkt sich dies positiv und nicht konträr (wie beim Kontrasteffekt) auf sein Zwillingsgeschwister aus. Mit steigendem Alter wird dieser Effekt verstärkt.
Bei zweieiigen Zwillingen hingegen konnte dieser Spiegeleffekt nicht festgestellt werden. Sie unterliegen dem Kontrasteffekt. Schätzt ein Zwilling sich selbst in einem Fach sehr gut ein, bewertet das Zwillingsgeschwister seine Leistungen im Vergleich schlechter.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Vergleich untereinander die Leistungseinschätzung und das schulische Selbstkonzept von Zwillingen beeinflusst. Bei eineiigen Zwillingen stärkt bzw. schwächt sich dies parallel, während das schulische Selbstkonzept bei zweieiigen Zwillingen gegenläufig verläuft.
Nicht nur für die Wissenschaft sondern auch für Zwillingseltern ein interessantes Phänomen, welches letztere im Alltag mit ihren Zwillinge beobachten und je nach Zwillingskonstellation entsprechend darauf reagieren können.
Quellen:
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0361476X22000972?via%3Dihub
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