Tage gefüllt von Kinderlachen und Worten. Von morgens bis abends strömen diese auf uns Eltern ein und bewirken etwas. Mit unseren Kindern verändern auch wir uns und manchmal fragen wir uns, ob wir noch die sind die wir bisher kannten. Doch bleibt im Leben mit Kindern selten Zeit diesen Gedanken in Ruhe zu folgen. Und wenn doch, dann vielleicht ähnlich wie in diesem Fall: Mama, du meckerst so viel – bin ich noch ich? Ein Gedankenspiel:
Einach nur sein
Heut morgen war es still. Ich liege im Bett öffne meine Augen und höre: NICHTS. Ich liege einfach nur da und genieße diesen ruhigen Moment. Ich stehe auf, mache mir einen Kaffee, setzte mich auf das Sofa und trinke. Mit Genuss und Ruhe. Langsam trinke ich warmen Kaffee. Die Blicke schweifen in den Garten. Ich höre nichts, außer das Vogelzwitschern. Ich gehe duschen, mache mich bereit für den Tag. Ein Tag allein. Mit mir. Ich mache mir einen Obstsalat zum Frühstück und beim Schneiden fangen die Gedanken in meinem Kopf an zu arbeiten. Ich merke, dass ich voll bei mir bin und diesen ruhigen Moment vollkommen in mir aufziehe. Ich muss nicht reden, keine ToDos in meinem Kopf durchgehen, nicht schauen ob die Schulsachen gepackt, die Kinder versorgt, die Zähne geputzt sind. Ich muss gerade nur sein.
Tage voller Worte
Ich erinnere mich, wie Zwillingsherzdame 2 gestern zu mir sagte: „Mama , du meckerst gerade so viel. Warum meckerst Du so viel?“ Und ich höre mich sagen: „Das mache ich doch gar nicht, nicht mehr als sonst.“ Ich fühle mich angegriffen und merke, dass sie mich damit getroffen hat.
Und jetzt in diesem Moment der Ruhe, habe ich Zeit diese Aussage meiner Tochter zu verarbeiten. Tatsächlich hat sie einen Nerv getroffen, denn auch ich merke, dass es im Alltag mit Kindern, viel zu sagen gibt. Den ganzen Tag hinweisen, sprechen, diskutieren, koordinieren, kommentieren, Streit schlichten, Bedürfnisse hören, über eigene Bedürfnisse und Entscheidungen sprechen…
Die Tage sind voll mit Worten und Gesprochenem.
Mal laut, mal leise, mal voller Freude, mal voller Ärger, mal voll Verständnis, mal mit totalem Unverständnis, mal verzweifelt, manchmal sicher.
Zwischen Meckertante und Harmoniebedürfnis
In diesem Moment der Ruhe, merke ich, dass meine Tochter Recht hat, auch ich stelle fest wie diese vielen Worte am Tag, die Streits, Diskussionen, mich müde machen. Und wenn ich müde werde, werde ich lauter, ungeduldiger und meckere schneller.
Tatsächlich kenne ich mich so nicht. So war ich nie. Eher geduldig, eher harmonisch, eher gutlaunig, eher verbindend und schlichtend. So kenne ich mich. Und so fühle ich mein ICH. Dies macht mich aus. Dies ist der Mensch, der ich bin und doch manchmal im Alltag als Mama nicht sein kann. Weil so viele Worte von zwei Kindern auf mich einströmen. Weil sie vom Aufwachen bis zum Schlafengehen auf mich einströmen und die Zeitfenster ohne Worte an manchen Tagen einfach zu wenig sind. Und die Unruhe sich verstärkt, und der Kopf rattert und die Müdigkeit mit jeder Minute steigt.
Jetzt, in diesem Moment der Ruhe habe ich Zeit dies zu reflektieren. Ich kann meinen Gedankengängen ohne Unterbrechung folgen, sie entwirren, gerade ziehen, mich sortieren. Und ich stelle fest:
Ich bin noch der Mensch, den ich kenne.
In diesem Moment finde ich mich wieder. Ich habe mich nicht im Grunde verändert und bin zu einer Meckertante geworden. Nicht ich habe mich in meinen Grundzügen verändert, sondern meine Umstände.
Ich habe seit mehr als einem Jahrzehnt zwei wunderbare Kinder, die sich mit ihren zwölf Jahren immer häufiger an mir reiben. Die meine Meinung hören möchten oder auch nicht. Die hinterfragen und nicht mehr jede Aus- oder Ansage einfach annehmen, sondern mit mir diskutieren möchten, sie hinterfragen.
Kinder, die sich gerade zu jungen Mädchen entwickeln, ihre Grenzen verschieben, testen, kennenlernen, ihren Horizont erweitern, auf der Entdeckung ihres Selbst sind. Sie brauchen mich und meinen Mann, als ihre Reibungsfläche und das geht mit vielen Worten einher. Das ist gut, es ist wichtig, es ist aber auch Kräfte zehrend. Für beide Seiten.
Ich bin ich und noch viel mehr
Und wo ich dies jetzt schreibe, merke ich, dass nicht ich es bin die sich Grunde geändert hat. Ich bin immer noch ich. Gutlaunig, zuversichtlich, zufrieden.
Aber neu hinzugekommen ist meine Mamarolle, mein Leuchtturm sein, der Anker für meine Kinder. Eine Rolle die mich erfüllt, aber auch tagtäglich in ihrem Bann hält. Die mich wachsen lässt, aber auch herausfordert. Und die mich auch nicht selten zur Meckertante macht. Weil mir manchmal die Harmonie fehlt, manchmal die Ruhe, manchmal die Geduld und manchmal der Schlaf.
Ich stelle in diesem Moment der Ruhe für mich fest: Es ist ok. Es gehört dazu. Ich darf dies für annehmen und brauche mich nicht dafür zu geißeln. Ich kann daran arbeiten, ich kann mich weiter entwickeln, ich darf meinen Frieden mit diesem Teil von mir machen. Ich bin ich und noch viel mehr.
Und wenn mein Kind das nächste Mal sagt: „Mama, du meckerst gerade so viel.“ Dann kann ich ihr sagen: „Schatz, ich bin nur müde, ich bin erschöpft, überfordert, aber ich bin immer noch die Mama und der Mensch, den du kennst.“
Wie erhellend so ein Tag ganz allein mit seinen Gedanken sein kann.
Alles Liebe, Deine
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