Meine Zwillingsherzdamen sind mittlerweile 12 Jahre alt und wieder steht eine Klassenfahrt an. Obwohl sie nicht in einer Klasse sind, sondern in verschiedenen Klassen eines Jahrgangs, werden sie gemeinsam auf Klassenfahrt der 6. Klassen fahren. Zur Freude von uns Eltern, denn nur sehr selten haben wir einmal ein paar Tage ganz für uns alleine. Gleichzeitig gönnen wir unseren Kindern diese Zeit ganz ohne Eltern mit vielen Erlebnissen, die hoffentlich in guter Erinnerung bleiben. Doch wie ergeht es den Zwillingsherzdamen damit? Die Zwillinge geben einander Halt, oder?
Gleich und gleich?
Während Zwillingsherzdame 2 bei dem Gedanken an die Klassenfahrt in pure Vorfreude verfällt, macht Zwillingsherzdame 1 die Aussicht eher Bauchschmerzen. Obwohl wir als Familie sehr gerne verreisen, macht Zwillingsherzdame 1 der Gedanke, dass niemand von uns Eltern dabei sein wird, ein mulmiges Gefühl. Sie ist lieber mit uns und fühlt sich in anderen Settings, vor allem wenn es um das Übernachten geht, eher unwohl. Dies ist so, seit ich denken kann.
Während ihre Zwillingsschwester schon immer gerne und ohne Probleme woanders schlief und schlafen wollte, bevorzugt Zwillingsherzdame 1 es, Zuhause zu schlafen. Lieber möchte sie nicht zu oft auf das Thema Klassenfahrt angesprochen werden, während ihre Schwester vor lauter Aufregung alle möglichen Dinge besprechen und planen möchte.
In dieser Woche war es nun soweit, es ging auf Klassenfahrt. Zwillingsherzdame 2 hatte bereit drei Tage vorher alle Dinge gepackt und zurecht gelegt, geplant was sie anziehen wird, Packlisten abgehakt und die Zimmerbelegung mit ihren Freundinnen besprochen.
Zwillingsherzdame 2 hingegen packte erst auf den letzten Drücker, wurde immer kuschelbedürftiger und ruhiger. Während ihre Schwester den ganzen Weg zum Treffpunkt erzählte, wurde sie immer stiller. Bei der Verabschiedung drückte sie mich ganz fest und verschwand schnell ohne einen Blick zurück. Wohl um nicht ihren Mut zu verlieren.
Denn bei der letzten Fahrt vor einem Jahr, hatte sie starkes Heimweh, welches ihr bis heute sehr in Erinnerung ist. Die erste Nacht weinte sie sich in den Schlaf, getröstet von ihrer besten Freundin und wäre am liebsten wieder nach Hause gefahren und das obwohl ihre Zwillingsschwester mit auf Klassenfahrt war. Aber wir Eltern waren nicht in Reichweite und das in unbekannter Umgebung. Aus ihren Erzählungen weiß ich, dass es am zweiten Tag bereits viel besser wurde und sie dann auch diese Zeit mit ihren Klassenkameraden genießen konnte.
Interessanterweise ist es nicht so, dass das Wissen, dass ihre Zwillingsschwester ebenfalls mit auf der Klassenfahrt ist, ihr Sicherheit schenkt. Denn, obwohl sie sich sehr nah sind, gehen sie im Schulkontext jede ihrer Wege. Vor allem initiiert von Zwillingsherzdame 2, die dann lieber ihr Ding machen möchte, ohne ihre Zwillingsschwester. Über die Jahre ist Zwillingsherzdame 1 wohl nichts anderes übrig geblieben als sich damit zu arrangieren.
Same, same but different
Warum ich darüber erzähle? Ich sage nicht selten, dass jede Zwillingsbeziehung ihre ganz eigene Dynamik hat und individuell angeschaut werden sollte. Und doch erwische ich mich dabei zu denken, dass, wenn die Zwillingsherzdamen zusammen sind, sie sich doch sicherlich gegenseitig Halt geben?
Doch wie dieses Beispiel zeigt, hat jede von ihnen ihre eigene Art mit Erlebnissen umzugehen. Nicht unbedingt fühlen sie sich durcheinander gehalten. Und dies wirft bei mir die Frage auf, ob dieser vorgebliche Halt mehr ein Wunschgedanke von uns Eltern ist. Ein Gedanke der UNS hilft, entspannter mit manchen Situation umzugehen. Sie loszulassen, weil wir ja wissen, dass sie sich gegenseitig Halt geben (können) auch wenn wir nicht anwesend sind. Eine vertraute Person da ist, die ihnen Sicherheit geben kann.
Ich bin mir sicher, dass es Zwillings- und Geschwisterbeziehungen gibt, wo es tatsächlich so ist, dass die Zwillinge einander Halt geben und Sicherheit schenken. Auch weiß ich, dass es Situation gab und geben wird, wo es bei meinen Zwillingseherzdamen so war.
Doch von diesem pauschalisierenden „Wunschgedanken“ sollten wir Eltern uns verabschieden.
Einander „Halt geben“, ist nicht selbstverständlich bei Zwillingen oder Geschwistern, sondern ganz abhängig von der Beziehung und den Bedürfnissen jedes Zwillings, je nach Entwicklung und Situation.
Vielleicht kann es uns helfen, gerade bei wichtigen Entscheidungen, wie zum Beispiel gemeinsam in eine Kita oder Klasse oder besser getrennt, wo wir nicht selten über diesen Gedanken „die Zwillinge geben einander Halt“ stolpern, noch einmal ganz genau zu reflektieren. Ist es tatsächlich so, dass sie sich gegenseitig Halt geben oder ist hier der Wunsch Vater des Gedanken?
Ich bin gespannt auf deine Meinung dazu.
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